Asset-Herausgeber

Autodidaktik

  Bibliographische Angaben

Autodidaktik

Autorinnen / Autoren:
Lutz Henckel
Zuletzt bearbeitet:
Juli 2016
Titel:
Autodidaktik
Trendthema Nummer:
6
Herausgeber:
Kompetenzzentrum Öffentliche IT
Titel der Gesamtausgabe
ÖFIT-Trendschau: Öffentliche Informationstechnologie in der digitalisierten Gesellschaft
Erscheinungsort:
Berlin
Autorinnen und Autoren der Gesamtausgabe:
Mike Weber, Stephan Gauch, Faruch Amini, Tristan Kaiser, Jens Tiemann, Carsten Schmoll, Lutz Henckel, Gabriele Goldacker, Petra Hoepner, Nadja Menz, Maximilian Schmidt, Michael Stemmer, Florian Weigand, Christian Welzel, Jonas Pattberg, Nicole Opiela, Florian Friederici, Jan Gottschick, Jan Dennis Gumz, Fabian Manzke, Rudolf Roth, Dorian Grosch, Maximilian Gahntz, Hannes Wünsche, Simon Sebastian Hunt, Fabian Kirstein, Dunja Nofal, Basanta Thapa, Hüseyin Ugur Sagkal, Dorian Wachsmann, Michael Rothe, Oliver Schmidt, Jens Fromm
URL:
https://www.oeffentliche-it.de/-/autodidaktik
ISBN:
978-3-9816025-2-4
Lizenz:
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (CC BY 3.0 DE) http://creativecommons.org/licenses/by/3.0 de/legalcode. Bedingung für die Nutzung des Werkes ist die Angabe der Namen der Autoren und Herausgeber.

Die Digitalisierung der Bildung geht sowohl mit der Herausforderung einher, lebenslang den Umgang mit immer neuen Technologien zu lernen, als auch mit dem Angebot neuer Lernformen. Autodidaktik verspricht gerade auch durch die motivationsfördernde Wirkung selbstbestimmten Lernens dabei eine zunehmend größere Bedeutung zu erlangen.

Innovationsveränderung durch neue Technologien

Autodidaktik ist kein neues Phänomen. Auch ohne Berufsausbildung lassen sich Kompetenzen erwerben, die nicht nur zum Außenminister befähigen, sondern auch die Verleihung von Ehrendoktorwürden und zur Übernahme von Gastprofessuren erlauben. Solche Einzelphänomene haben bisher jedoch wenig an der überragenden Bedeutung formaler Bildungsabschlüsse und der starken sozialen Reproduktion im deutschen Bildungssystem geändert (siehe Digitale Gräben). Die Digitalisierung der Bildung birgt demgegenüber einige Veränderungsnotwendigkeiten und ‑ potenziale, unter denen Autodidaktik zu den dynamischsten gehören könnte.

Einerseits erfordern neue Technologien mit immer kürzeren Innovationszyklen sowohl eine frühzeitige Vermittlung umfassender Medienkompetenz, als auch lebenslanges Erlernen des Umgangs mit den jeweils neuen Möglichkeiten. Notebooks in Grundschulen und Schüler als Lehrer für Senioren versinnbildlichen diese doppelte Notwendigkeit. Die initiale Vermittlung und kontinuierliche Auffrischung der Medienkompetenz ist dabei die Voraussetzung für die Selbstvermittlung von Inhalten.

Begriffliche Verortung

Netzwerkartige Verortung des Themenfeldes
Gesellschaftliche und wissenschaftliche Verortung

Neue Medien ermöglichen neue Formen des Lernens

Andererseits eröffnen die neuen Technologien völlig neue Lernmethoden. Die gezielte Kombination audio-visueller Inhalte ermöglicht es beispielsweise, Bilder, Aussprache und Rechtschreibung von Fremdsprachen gleichzeitig zu vermitteln. In Zeiten des Tonbandes gestaltete sich derartiges weit umständlicher oder erforderte eine vermittelnde Person. E-Learning-Anwendungen schaffen das Potenzial, die Wissensvermittlung nach starren Schemata durch eine lernzielbezogen und individuell angepasste und vom Lernenden dynamisch beeinflusste, maßgeschneiderte Wissensaneignung abzulösen. Dabei können lernpsychologisch motivierte Verfahren automatisiert umgesetzt werden (siehe Gamification), die durch adaptives Feedback effizientes Lernen ermöglichen. Durch Mobilgeräte werden diese Lernwerkzeuge auch zwischendurch und unterwegs autodidaktisch nutzbar (siehe Digitale Mobilität). Technologien eröffnen so völlig neue Möglichkeiten eigenständigen Lernens.

In der Frage der Veränderung von Lehrmaterialien durch die Digitalisierung spiegeln sich viele Aspekte, die für die Digitalisierung der Gesellschaft insgesamt leitend sind. Die mögliche Allverfügbarkeit nahezu beliebig kombinierbarer Informationen macht den wesentlichen Unterschied zu Bildungsprogrammen im öffentlich-rechtlichen Regionalfernsehen der Vergangenheit aus (siehe Massenmedien). Lernmaterialien lassen sich dadurch grundsätzlich individualisiert zusammenstellen. Die Produktion solcher Materialien wird demgegenüber immer einfacher. Bereits mit preiswerten technischen Mitteln lassen sich Inhalte – auch multimedial – aufbereiten. Der Boom von Video-Tutorials mag hier als sinnbildlich angesehen werden. Diese Möglichkeiten treffen auf eine große Gruppe von Beschäftigten in Bildungseinrichtungen, die schon von Berufs wegen einen beträchtlichen Bedarf an solchen Materialien haben.

Individualisierung des Lernens durch Massenmedien

Ergeben sich daraus Herausforderungen für etablierte Anbieter wie beispielsweise Schulbuchverlage, erwächst zugleich ein eruptives Potenzial aus der Möglichkeit, sich Lernmaterialien selbst zu erstellen. Medienkompetenz, technischer Sachverstand und Lernen gelernt zu haben verbinden sich dann zu individualisierten Selbstlernformen bei hoher Flexibilität und Bedarfsgerechtigkeit, die in interessengeleiteten Gruppen weiterentwickelt werden können.

Galt Autodidaktik bisher eher als Randerscheinung, könnte die selbstverständliche Nutzung von digitalen Lernmaterialien mittelfristig die formale Bildung durch Elemente der autodidaktischen Aneignung ergänzen. Welche Potenziale dies wiederum hinsichtlich sozialer Chancengleichheit birgt, bleibt abzuwarten.

Themenkonjunkturen

Suchanfragen und Zugriffe auf Wikipedia-Artikel
Wissenschaftliche Publikationen und Patentanmeldungen

Folgenabschätzung

Möglichkeiten

  • Beitrag zur Nivellierung von Bildungschancen durch IT-basierte Lernmaterialien
  • Demokratisierung und Vergemeinschaftung von Lehrinhalten und ‑materialien
  • Einfacher und kostengünstiger Zugang zu Bildung
  • Effektive, und zunehmend automatische Individualisierung von Lerninhalten und Lerngeschwindigkeit
  • Neue Formen der eigenständigen Wissensaneignung – etwa anhand von Computerspielen (Simulationen, Serious Games etc.)
  • Digital Natives bringen Medienkompetenz für digital unterstütztes, lebenslanges Lernen mit

Wagnisse

  • Digitale Gräben (sozial und geographisch) führen zur Reproduktion sozialer Ungleichheit im Digitalen
  • Fehlende Qualitätssicherung von Didaktik und Inhalt zivilgesellschaftlich generierter Lernmaterialien
    Autoritätsverlust klassischer Wissensvermittlung aufgrund scheinbarer
  • Allverfügbarkeit von Fakten
  • Mangelnde Reflexion über Technikrisiken wie Suchtgefahr
  • Schnelle, umfassende Aneignung führt zu schnellem Wertverlust des Gelernten

Handlungsräume

Überwindung digitaler Gräben

Voraussetzung für positive Wirkungen ist der Zugang zu neuen Selbstlernangeboten. Die Überwindung digitaler Gräben fängt beim umfassenden Netzausbau an und endet bei der gezielten Förderung bislang benachteiligter Gruppen.

Bildungsangebot

Sowohl alternative Bildungsangebote als auch die Vermittlung von Kompetenzen zur Nutzung von Selbstlernmethoden bleiben unerlässlich und sollte gestärkt und weiterentwickelt werden. Die Vermittlung umfassender Medienkompetenz und der Kompetenz zu lernen sind dabei die Schlüssel einer Bildungspolitik im Digitalen.

 

Medieneinsatz

Der Einsatz neuer Medien kann auch für die öffentliche Hand ein interessanter Ansatz sein, erwünschte Inhalte durch Selbststudium zu vermitteln. Die Angebote der Zentralen für politische Bildung weisen beispielsweise in diese Richtung.